Gefühlvoller Indie-Folk mit Angus and Julia Stone

Konzertkritik: Angus and Julia Stone
Bildquelle: 
Bäckstage / © Patrick Holenstein

«Snow», so heisst das neue Album von Angus and Julia Stone. Dabei würde man Schnee erstmal nicht mit den Geschwistern in Verbindung bringen. Denn sie kommen aus dem sonnenverwöhnten Australien, und ihre Auftritte erinnern eher an eine Hippie-Party als an klirrende Kälte. 

 

Ein riesiger Totem-Vogel aus Holz mit ausgebreiteten Flügeln steht auf der Bühne, aufwändig geschnitzt und bemalt. Die Augen leuchten und blitzen, auf der Leinwand im Hintergrund schaukelt Wasser. Ein fulminanter Start, von Anfang an verströmt das Bühnenbild eine mystische Kraft. 

 

Die Halle ist angenehm voll, viele Besucherinnen haben einen ähnlich verspielten Kleidungsstil wie Julia. Sie trägt heute ein schwarzes Kleid mit schwingendem Rock. Der Pony fällt ihr tief über die Stirn, die wallenden Haare umrahmen das Gesicht. Angus hat ein einfaches beigefarbenes Baumwollshirt mit Mütze an. In der Band ist neben dem Schlagzeuger und dem Bassisten auch ein Banjo-Spieler dabei. Eines der ersten Stücke ist «Cellar Door» vom neuen Album. Die Platte hält viele ausdrucksstarke Songs wie «Nothing Else» oder auch «Who Do You Think You Are» bereit. Die beiden spielen aber auch ältere Stücke, wie das recht bekannte «Heart Beats Slow», das mit einem beeindruckenden Instrumentalteil daherkommt. Die Augen des Vogels feuern währenddessen blutrot vor einem Hintergrund in derselben kraftvollen Farbe. Auf den schönen Song «Grizzly Bear» wartet man jedoch vergebens. Die herzlichen Australier schaffen es aber, bei allen Stücken eine ruhige, fast meditative Stimmung zu verbreiten. Ihre Musik schwankt zwischen Folk, Indie und Blues.

 

Fotos: Bäckstage / © Patrick Holenstein

 

Angus und Julia machen seit Kindertagen Musik. Sie waren zusammen mit ihrer Schwester Catherine in einer Schülerband unter der Leitung des Vaters. Julia spielte Trompete und der zwei Jahre jüngere Angus Posaune. 

 

Gute oder beeindruckende Musiker sind oftmals an der Bandbreite ihrer Instrumentenkenntnisse zu erkennen. In dieser Kategorie stehen sie ziemlich weit oben. Julia spielt Gitarre. Oder Trompete, ohne jedoch die Gitarre währenddessen aus der Hand zu geben. Angus spielt ebenfalls Gitarre. Oder E-Piano. Oder er zupf an den Saiten eines selbst gebastelten Instruments aus einer alten Zigarrenbox. Ein weiterer Pluspunkt: Beide haben absolut bezaubernde, leicht rauchige Stimmen.

 

Den Auftakt dieses Abends machte der 23-jährige Singer-Songwriter Isaac Gracie aus England. Mit zottiger Mähne schrammte er über die Saiten und überzeugte mit seiner speziellen und hellen Stimme. Es ist anzunehmen, dass man diesem jungen Musiker auch in Zukunft noch begegnen wird.

 

Eine der Zugaben ist schliesslich das Lied «A Heartbreak» von der Platte aus dem Jahr 2014. Währenddessen rieselt Kunstschnee von der Bühnendecke. Damit wird das Publikum von der wohligen und behüteten Atmosphäre der Musik in die kalte Oktobernacht entlassen.

 

Auch bei ihrer neuen Plate gilt: Wo Angus and Julia Stone draufsteht, ist auch Angus and Julia Stone drin. Sie bleiben ihrem Stil treu und präsentieren langsame, gefühlvolle Indie-Folk-Songs. Durch den meterhohen Totem-Vogel und die farbstarken Bilder kommt auch die Mystik nicht zu kurz.

 

Katja Nosswitz / So, 29. Okt 2017